Erster Canto
Geburt und Kindheit der Flamme
Eine Mänade der Zyklen der Begierde
In der Nähe eines Lichtes, das zu berühren sie nicht wagen darf,
Eilend zu einem weit entfernten unbekannten Ziele,
Folgte die Erde der endlosen Reise der Sonne.
Ein mentaler Geist, im Schwingen der Leere halb erst wach,
Erträumte sich Leben im Schoße des Nichtbewussten
Und trug diese endliche Welt des Denkens und Wirkens
Durch die unbewegte Trance des Unendlichen.
Ein unermesslich unwandelbares Schweigen lief mit ihr:
Gefangene der Schnelle auf einem juwelbesetzten Rad
Verkehrte sie mit dem mystischen Herzen im Raum.
Inmitten der zweideutigen Stille der Sterne
Bewegte sie sich auf ein geheim gehaltenes Ereignis zu
Und ihr Rhythmus war das Maß für den langen Wirbel der Zeit.
In unaufhörlicher Bewegung um den purpurfarbenen Rand
Huschten Tag für Tag wie bunte Speichen vorbei,
Und durch den Zauber wechselnder Farben der Luft
Vollzogen die Jahreszeiten in verschlungen bedeutungsvollem Tanze
Den Symbol-Festzug des sich wandelnden Jahres.
Über der brennenden Mattigkeit des Bodens
Schritt der Sommer mit seinem Pomp hitziger Mittage
Und hinterließ den Stempel seiner Tyrannei sengenden Lichtes
Und das blaue Siegel eines herrlich polierten Himmels.
Als nächstes brach durch feurige Ohnmacht oder klumpigen Knoten
Die Regenflut auf zerfetzten Flügeln der Hitze herein,
Schreckte mit Blitzen das unruhige Dösen der Luft,
Peitschte mit lebensspendenden Fluten den erstarrten Boden,
Verhängte mit Leuchtfeuer, Dröhnen und sturmbeschwingtem Dunkel
Die sternbewehrten Tore des Himmels dumpfen Schlaf,
Oder verbarg vor dem goldnen Auge ihres Liebhabers
Mit dichten Wolkenschleiern der Erde braunes Antlitz.
Heere des Umsturzes durchzogen das Zeitfeld,
Der Wolken endloser Marsch bedrängte die Welt,
Der Unwetter Manifeste forderten den Himmel ein
Und Donnertrommeln kündigten die kampfbereiten Götter an.
Als Reisender aus unruhigen benachbarten Meeren
Ritt der dichtmähnige Monsun wiehernd durch die Stunden der Erde:
Es wimmelte nun von Emissär-Speeren:
Gewaltige Blitze zerrissen den Rand des Horizontes
Und, sich stürzend von überall her wie aus kämpfenden Heerlagern,
Vermählten des Himmels steile, bloße und ungeschützte Kanten:
Ein Aufbrausen und Gezische und Ausbruch gigantischem Regens,
Der lange gerade Hagelschlag, das Heulen geflügelter Sturmsalven,
Scharen von Windgesichtern, sausende Windfüße
Fegten rasend über die daliegend geschundenen Ebenen hinweg:
Himmels Fluten zogen und tröpfelten durch das ertränkte Land.
Dann war alles ein rasches Schreiten, ein zischendes Rennen,
Oder alles war Unwetters Geschrei und Wassers Fall.
Eine Trübnis hing über dem grauen Boden des Tages,
Sein schmuddelig breitmachend Dahinziehen einte Morgen und Abend,
Sich wälzend durch Schlamm und Schauer ins schmutzige Dunkel.
Tag trug ein Halbdunkel als sein tristes Kleid.
Licht sah in den trüben Spiegel der Morgendämmerung und fand
Dort sein eigenes Antlitz, Zwilling halberhellter Nacht:
Platzregen und Getröpfel und kriechender Nebel überzogen alles
Und machten aus dürrem Boden Morast und stinkenden Schlamm:
Ein Pfuhl war die Erde, Himmel ein trostloser Block.
Durch dumpfig feuchte Wochen sah keiner die eingesperrte Sonne.
Auch wenn kein Aufruhr die trostlose Ruhe der Luft störte
Oder ein schwacher Strahl durch weinende Wolken schimmerte
Wie ein trauriges Lächeln, verhüllt von wiederkehrenden Tränen,
Schwand doch alle verheißene Helle, sofort verwehrt,
Oder starb, schon bald verdammt, wie eine kurzlebige Hoffnung.
Dann drosch eine letzte gewaltige Sintflut den toten Schlamm
Und einsickerndes Gemurmel ließ alles still zurück,
Nur das schlammige Kriechen sinkender Fluten,
Nur ein Flüstern und grünes Schütteln der Bäume noch.
Die Stimmung der Erde schlug nun um; sie lag eingelullt in Ruhe,
Die Stunden gingen hin mit gemächlich begnügtem Schritte:
Eine weite und beschauliche Luft erinnerte an Frieden,
Erde war die Kameradin einer glücklichen Sonne.
Eine Ruhe kehrte ein wie das Nahen Gottes,
Ein Licht von sinnierender Trance erhellte Boden und Himmel,
Und eine Wesenseinheit und Ekstase
Erfüllten das einsame Herz der Meditation.
Ein Traum ging um im stummen Geist des Raumes,
Zeit öffnete ihre Kammern der Glückseligkeit,
Ein Hochgefühl trat ein und eine Hoffnung:
Ein innerstes Selbst blickte auf zu einer himmlischeren Höhe,
Ein innerstes Denken entfachte eine verborgene Flamme
Und das innere Sehen verehrte eine ungesehene Sonne.
Drei gedankenvolle Jahreszeiten gingen mit hellem Schritt dahin
Und prüfend die trächtigen Stunden harrte eine nach der anderen
Einer Flamme, die in leuchtenden Tiefen sich verbarg,
Die Nachtwache für eine mächtige Geburt, die da kommen wird.
Die Herbstzeit ließ die Glorie ihrer Monde hinein
Und träumte in der Pracht ihrer Lotusteiche
Und Winter und Tauzeit legten ihre ruhigen kalten Hände
Auf die Brust der Natur, die noch im Halbschlaf war,
Und vertieften mit Tönungen laxen und milden Wohlbehagens
Die stille Schönheit des ausklingenden Jahres.
Dann sprang der Frühling, ein glühender Liebhaber, durch die Blätter
Und nahm die Erdenbraut in seinen begierigen Griff;
Sein Kommen war ein Feuer von irisierenden Farben,
Seine Arme waren ein Kreis für den Eintritt der Freude.
Seine Stimme war ein Ruf zu des Transzendenten Sphäre,
Deren heimlicher Hauch auf unser sterbliches Leben
Immer wieder den Schauer erneuert, der die Welt erschuf,
Ehemalige Anmut zu neuen Formen gestaltet
Und von Tod und Zeit unverändert heil bewahrt
Die Antwort unseres Herzens auf den Liebreiz der Natur
Und auf immer neu erhält, doch stets das gleiche noch,
Das Pulsieren, das stets zu alter Wonne weckt,
Zu Schönheit und Entzücken und zur Freude am Leben.
Sein Kommen brachte den Zauber und den Bann;
Durch seine Berührung wurde der Lebensmacht müdes Herz froh und jung;
Er machte Freude zur willig Gefangenen in ihrer Brust.
Sein Griff war der eines jungen Gottes auf den Gliedern der Erde:
Gewandelt durch die Leidenschaft seines göttlichen Ausbruchs
Machte er ihren Leib wunderschön mit seinem Kuss.
Ungeduldig nach Glückseligkeit kam er,
Hoch flötend mit der frohen Stimme des Koel,
Seinen Pfauenturban durch die Wipfel tragend;
Sein Atem war ein warmer Aufruf zur Wonne,
Das tiefe sinnliche Azur war sein Blick.
Ein sanftes himmlisches Drängen überraschte das Blut,
Das voller Gespür war für Gottes sinnliche Freuden;
Offenbart in Schönheit, weithin war eine Kadenz,
Die da beharrte auf den Freudenrausch im Leben:
Unsterbliche Bewegungen berührten die flüchtigen Stunden.
Eine gottgleich geballte Intensität des Empfindens
Machte selbst das Atmen zu einem leidenschaftlichen Vergnügen;
Alle Anblicke und Laute webten einen einzigen Zauber.
Das Leben des bezauberten Erdballs ward
Ein Sturm von Lieblichkeit, von Licht und Gesang,
Ein Rausch von Farbe und Ekstase,
Ein Hymnus von Strahlen, eine Litanei von Rufen:
Ein Choral priesterlicher Musik sang
Und, geschwenkt im schwingenden Weihrauchgefäß der Bäume,
Eine Opfergabe von Wohlgeruch füllte die Stunden.
Asokas flammten in karminroten Feuerbüscheln,
Rein wie der Atem eines unbefleckten Verlangens
Betörten weißer Jasmin die verliebten Lüfte,
Blasse Mangoblüten nährten die sanft dahinströmende Stimme
Des liebestrunkenen Koel, und die braunen Bienen
Summten inmitten der Honigblüten im Duft.
Das Sonnenlicht war das goldne Lächeln eines großen Gottes.
Die ganze Natur war auf dem Fest der Schönheit.
In diesem hochbedeutsamen Moment der Götter
Kam als Antwort auf die Sehnsucht der Erde und ihren Ruf nach Seligkeit
Eine Größe von unseren anderen Ländern her.
Eine Stille im Lärm der irdischen Dinge
Enthüllte unabänderlich das geheime Wort,
Ein mächtigeres Einströmen füllte den vergesslichen Lehm:
Eine Lampe ward entfacht, ein heiliges Bild gemacht.
Ein vermittelnder Strahl hatte die Erde berührt,
Überbrückend die Kluft zwischen des Menschen und Gottes Mental;
Sein Leuchten verknüpfte unsere Vergänglichkeit mit dem Unbekannten.
Ein Geist, seiner himmlischen Herkunft bewusst,
Himmel übertragend in eine menschliche Gestalt,
Kam hernieder in die unvollkommene Form der Erde
Und weinte nicht, in Sterblichkeit gefallen,
Sondern blickte auf alles mit großen und ruhigen Augen.
Aus den transzendenten Ebenen war Eine zurückgekehrt
Und trug von neuem die Last sterblichen Atems,
Jene, die seit jeher mit unserem Dunkel und Schmerz gekämpft hat;
Erneut nahm sie ihre göttliche unvollendete Arbeit auf:
Tod und äonische Jahre überlebend,
Trat sie mit ihrem unergründlichen Herz abermals der Zeit entgegen.
Wieder ward erneuert, wieder einmal offenbart
Die uralte Nähe, durch Erdblick verschleiert,
Der geheime Kontakt, zerbrochen in der Zeit,
Eine Blutsverwandtschaft von Erde und Himmel,
Zwischen jenem Menschenteil, der sich hier müht,
Und einer noch ungeborenen und grenzenlosen Kraft.
Und wieder begann der mystisch tiefe Versuch,
Der wagemutige Einsatz im kosmischen Spiel.
Denn seit auf diesem blinden und wirbelnden Erdball
Erdplasma erstmals erbebte von dem erleuchtenden Mental
Und Leben in die materielle Ummantelung drang,
Quälend das Nichtbewusste mit dem Bedürfnis zu fühlen,
Seit im Schweigen der Unendlichkeit ein Wort erwachte,
Wirkt eine Mutterweisheit in der Brust der Natur,
Um Freude in das Herz von Mühsal und Not zu gießen
Und Vollkommenheit auf des Lebens strauchelnde Mächte zu pressen,
Dem finsteren Abgrund Himmelsgefühl aufzuerlegen
Und stumme Materie sich ihres Gottes bewusst zu machen.
Obwohl unser gefallenes Mental vergisst aufzusteigen,
Obwohl unsere menschliche Substanz sich widersetzt oder bricht,
Hält sie an ihrem Willen fest, der Lehm zu vergöttlichen hofft;
Fehlschlag kann sie nicht hemmen, Niederlage nicht umwerfen;
Zeit zermürbt sie nicht, die Leere erdrückt sie nicht,
Die Zeitalter haben ihre Leidenschaft nicht geringer gemacht;
Schicksal oder Tod erlaubt sie keinen Sieg.
Immer treibt sie die Seele an zu neuem Versuch;
Immer drängt ihr magisch Grenzenloses
Die trägen groben Elemente aufzustreben;
Wie jemand, der alle Unendlichkeit zu verschwenden hat,
Verstreut sie die Saat der Stärke des Ewigen
Auf eine halbbelebte und zerbröckelnde Gussform,
Pflanzt Himmels Wonne in Herzens glühenden Schlamm,
Gießt Gottheitssuche in ein bloßes Tiergefäß,
Verbirgt Unsterblichkeit in einer Maske des Todes.
Wieder nahm jener Wille eine irdische Gestalt an.
Ein Mental, ermächtigt vom unwandelbaren Sitz der Wahrheit,
Ward für Schau und deutende Tat ausgerüstet
Und Instrumente wurden in souveräner Weise entworfen,
Um Göttlichkeit in irdischen Zeichen auszudrücken.
Geformt durch den Druck dieser neuen Herabkunft
Entstand ein lieblicherer Körper, als die Erde je gekannt.
Bislang nur eine Prophezeiung und eine Andeutung,
Der glühende Bogen eines zauberhaft ungesehenen Ganzen,
Trat er in das Firmament sterblichen Lebens,
Hell wie die Sichel eines zunehmend goldnen Mondes,
Der an einem blass erhellten Abend wiederkehrt.
Zuerst schimmernd wie eine ungeformte Idee
Lag still geborgen sie in wortlosem Schlaf,
Eingebunden und versunken in der gigantischen Trance der Materie,
Ein Kinderherz des tiefverhöhlten Weltplans,
In der Wiege göttlicher Nichtbewusstheit geschaukelt
Von der universalen Ekstase der Sonnen.
Irgend gesandte Macht in der halberwachten Gestalt
Nährte die stumme glorreiche Saat einer transzendenten Geburt,
Für die diese lebendige Wohnstatt geschaffen ward.
Doch bald war die Verbindung der Seele mit der Form gesichert;
Überflutet ward die schummrige Grotte mit langsam bewusstem Licht,
Der Same wuchs zu einer zarten herrlichen Knospe,
Die Knospe entfaltete sich zu einer großen und himmlischen Blüte.
Sogleich schien sie ein mächtigeres Geschlecht zu gründen.
Auf dem seltsamen und zweifelhaften Erdball angelangt,
Sich innerlich ferner Heimat erinnernd, lebte sie als Kind
Behütet in der lichten Zelle ihres Geistes
In ihrer göttlicheren Art allein inmitten der Menschen.
Sogar ihre kindlichen Bewegungen ließen schon
Die Nähe eines Lichtes spüren, das der Erde noch verwehrt ist,
Gefühle, die nur die Ewigkeit teilen kann,
Gedanken, wie sie Göttern eingeboren und natürlich sind.
Als bräuchte es nichts als seinen eigenen verzückten Flug
Verweilte ihr Wesen in einer kraftvollen eigenen Luft
Wie ein seltsamer Vogel mit großer farbenprächtiger Brust,
Der auf einem geheimen fruchttragenden Zweige verweilt,
Verloren in der smaragdgrünen Pracht der Wälder,
Oder hoch über göttlichen unerreichbaren Wipfeln fliegt.
Harmonisch prägte sie der Erde den Himmel auf.
Gestimmt auf den raschen Rhythmus schierer Freude
Vergingen vor sich hinsingend ihre Tage;
Jede Minute war ein Pochen der Schönheit Herz;
Die Stunden waren eingestimmt auf ein holdtönend Wesen,
Das nichts verlangte, doch nahm, was das Leben gab,
Souverän als ihr angeborenes Recht.
Nahe war ihr Geist seiner elterlichen Sonne,
Der Atem im Innern der ewigen Freude.
Das erste lichte Leben, das sich aus der Ohnmacht der Natur erhebt,
Steigt in einer Linie der Verzückung zu den Himmeln auf;
Vertieft in seinem eigenen glücklichen Drang lebt es,
Sich selbst genug, doch allem zugewandt:
Es hat keine sichtbare Verbundenheit mit seiner Welt,
Keinen offenen Umgang mit den Dingen der Umgebung.
Es gibt ein Einssein, gebürtig und okkult,
Das keiner Mittel bedarf und keinerlei Form aufbaut;
Im Einklang wächst es mit allem, was ist.
In seine Trance nimmt es alle Fühlungen,
Von Lachen geschüttelt willigt es in den Kuss des Windes ein und
Empfängt verwandelnd Anprall von Sonne und Gebrause:
Eine glückselige Sehnsucht tobt in seinen Blättern,
Eine magische Leidenschaft bebt in seinen Blüten,
Seine Zweige streben in stiller Glückseligkeit hoch.
Eine okkulte Gottheit ist der Grund dieser Schönheit,
Der Geist und innige Gast von all diesem Liebreiz,
Die Priesterin dieser Lieblichkeit und Muse dieser Träumerei.
Unsichtbar, geschützt vor unserem Sinn,
Lebt die Dryade eingetaucht in einen tieferen Strahl,
Wo sie eine andere Luft von Stürmen und Stille fühlt
Und innerlich erschauert vor mystischem Regen.
Auf einer himmlischeren Höhe ward dies in ihr gezeigt.
Ließ sie sich zu den Vertraulichkeiten der Erde herab,
Behielt ihr Geist doch die Statur der Götter;
Er beugte sich, verlor sich aber nicht in der Herrschaft der Materie.
Eine übertragene Welt war ihr strahlendes Mental,
Und wundermondige hell wimmelnde Fantasien
Nährten mit spiritueller Nahrung der Träume
Die ideale Göttin in ihrem Haus aus Gold.
Der Formen gewahr, für die unsere Augen verschlossen sind,
Der Nahheiten bewusst, die wir nicht fühlen können,
Formte die Macht in ihrem Innern ihren formgebenden Sinn
In tiefere Figuren als unsere der Oberfläche.
Ein unsichtbares Sonnenlicht floss in ihren Adern
Und durchflutete ihr Gehirn mit himmlischen Helligkeiten,
Die ein weiteres Sehen weckten, als die Erde es kennt.
Umrissen von der Aufrichtigkeit jenes Strahles
Wurden ihre aufspringend kindlichen Gedanken prächtig verwandelt
In leuchtende Muster der tiefen Wahrheit ihrer Seele,
Und aus ihren Augen warf sie einen anderen Blick
Auf alles rings herum als des Menschen unwissende Sicht.
Jedes Objekt war für sie Gestalt eines lebendigen Selbstes
Und sie nahm eine Botschaft wahr von Ihresgleichen
In jeder erwachenden Berührung mit Äußerem.
Jedes war eine Symbolkraft, ein lebhaftes Aufblitzen
Im Stromkreis der halbbekannten Unendlichkeiten;
Nichts war fremd oder unbelebt,
Nichts war ohne seinen Sinn oder seinen Ruf.
Denn eins war sie mit einer größeren Natur.
Wie aus der Erde die Pracht von Zweig und Blume entsprang,
Wie aus dem Leben des Tieres der denkende Mensch entstand,
Tat sich in ihr eine neue Epiphanie kund.
Ein Mental voller Licht, ein Leben rhythmischer Kraft,
Ein Körper, durchdrungen von verborgener Göttlichkeit,
Bereiteten ein Bild des kommenden Gottes vor;
Und hat auch der bedächtige Reim der ausdehnenden Jahre
Und die reiche murmelnde Schwarmarbeit der Tage
Mit Honig ihren Sinn gepackt und ihre Glieder gefüllt,
Vollendend den Mondorb ihrer Anmut,
War doch, selbstbehütet im Schweigen ihrer Stärke,
Ihre allein dastehende Größe nicht geringer.
Näher zur Oberfläche drängte der Gott,
Eine Sonne, den Sternennebel der Kindheit ersetzend,
Hoheitlich in einem blauen und einsamen Himmel.
Den menschlichen Schauplatz zu fassen stieg er auf:
Der starke Einwohner wandte ihrem Felde sich zu.
Ein lieblicheres Licht nahm ihre Geist-Stirn in Besitz
Und süß und würdevoll wurde ihr sinnierender Blick;
Himmlisch-menschlich schläfrige Feuer, innig warm,
Erwachten in der langen Wimpernpracht ihrer Augen
Wie Altarfeuer in einem geheimnisvollen Schrein.
Aus jenen Kristallfenstern leuchtete ein Wille,
Der dem Leben eine große Bedeutung brachte.
Besetzend den freimütig makellosen Raum ihrer Stirn,
Schaute von hinter der Forscherbraue eine edle Macht
Von Weisheit vom Licht aus auf vergängliche Dinge.
Eine Kundschafterin des Sieges auf einem Wachtturm,
Rief ihre Aspiration hohes Geschick herab;
Ein stiller Krieger schritt in ihrer Stadt der Stärke,
Unantastbar, den diamantnen Thron der Wahrheit schützend.
Ein Mond, nektarsüß und wie von einem Heiligenschein umgeben,
Ihr inbrünstig Herz liebte alles, sprach kein Wort, gab kein Zeichen,
Und wahrte das wonnige Geheimnis ihres Busens
Als selig glühende Welt, bewegt und lautlos.
Stolz, rasch und freudvoll, rann die Woge des Lebens
In ihr dahin wie ein Fluss im Paradies.
Viele hohe Götter wohnten in dem einen schönen Hause;
Doch war der Wirkungskreis ihrer Natur ein perfekt Ganzes,
Harmonisch wie ein vieltöniger Gesang,
Unermesslich und mannigfach wie ein Universum.
Der Körper, der diese Größe enthielt, schien fast
Ein Bild aus transparentem Himmelslicht zu sein.
Seine Anmut erinnerte an Dinge, geschaut in Stunden der Vision,
Eine goldne Brücke, gelegt über eine feenhafte Flut,
Eine mondberührte Palme allein an einem See,
Gefährtin des weiten und schimmernden Friedens,
Ein Rauschen wie von Blättern im Paradiese,
Die sich bewegen, wenn die Füße der Unsterblichen vorübergehen,
Ein Feuerschein über schlafenden Hügeln,
Ein fremdes und sternenreiches Haupt allein in der Nacht.
Ende des ersten Cantos