Das Buch vom Yoga
Sechster Canto
Nirvana und die Entdeckung des alles verneinenden Absoluten
Eine ruhige bedächtige Sonne sah aus stillen Himmeln herab.
Als zerschlagene verdrossene Nachhut auf dem Rückzug
Waren die letzten Regen murrend durch die Wälder geflohen
Oder verrauscht, ein zischelnd Wispern in den Blättern,
Und der große blaue Zauber des Himmelsgewölbe
Gewann die tiefe Verzückung seines Lächelns wieder.
Seine wohltuende Pracht, entlastet von sturmgepeitschten Gluten,
Fand Raum für ein Schwelgen warmer milder Tage,
Der Nacht Goldschatz herbstlicher Monde
Glitt segelnd durch Kräuselungen von Traumlandluft.
Und Savitris Leben war heiter, erfüllt gleich dem der Erde;
Sie hatte sich gefunden, sie kannte das Ziel ihres Seins.
Obwohl ihr Königreich von wunderbarer Wandlung im Innern
Unausgesprochen blieb in ihrer geheimen Brust,
Spürte doch alles, was rings um sie lebte, den Zauber seiner Magie:
Der Bäume raschelnde Stimmen erzählten es den Winden,
Blumen verkündeten in glühenden Farben eine unbekannte Freude,
Der Vögel fröhliches Gezwitscher wurde zum Lobgesang,
Die Tiere vergaßen ihren Streit und lebten vergnügt.
Vertieft in weite Kommunion mit dem Ungesehenen,
Empfingen die sanften Asketen des Waldes
Eine plötzliche Steigerung ihres einsamen Sinnens.
Diese lichte Vollkommenheit ihres inneren Zustands
Strömte über in ihren äußeren Lebensbereich,
Machte Tristes, Gewöhnliches und Natürliches schön
Und Taten wunderbar und Zeit göttlich.
Auch die kleinste unbedeutendste Arbeit wurde
Ein liebliches oder freudiges und glorreiches Sakrament,
Eine Darbringung an das Selbst dieser großen Welt
Oder ein Dienst am Einen in jedem und allem.
Ein Licht drang in alle aus dem Lichte ihres Wesens;
Der Tanz ihrer Herzschläge vermittelte Seligkeit:
Glück wurde glücklicher, mit ihr geteilt, durch ihre Berührung
Und Kummer fand Trost, wenn sie sich nahte.
Über dem geliebten Haupt Satyavans
Sah sie nicht mehr Schicksals dunklen und todbringenden Ring;
Ein goldner Kreis um eine mystische Sonne
Erschloss ihrer neugeborenen prophezeienden Sicht
Das zyklische Rund eines hoheitsvollen Lebens.
In ihren Visionen und tiefgeprägten wahrhaftigen Träumen,
In kurzen Verschiebungen der Zukunft schweren Abschirmung,
Lag er nicht mehr da durch ein trauriges Dekret
Als ein Opfer in der düsteren Höhle des Todes
Oder fern von ihr in selige Räume getragen,
Vergessend die Süße der Erde herzlichen Freude,
Vergessend das leidenschaftliche Einssein der Liebe Umarmung,
Enthoben in die Seligkeit des selbstverzückt Unsterblichen.
Immer war er bei ihr, eine lebendige Seele,
Die ihren Augen mit verliebten Blicken begegnete,
Ein lebendiger Körper, der Freude ihres Körpers nah.
Doch jetzt nicht in diesen großen wilden Wäldern mehr,
Verwandt mit den Tagen von Vogel und Tier
Und gleich der Kargheit der Erde brauner Brust,
Sondern inmitten der denkenden hochgebauten Leben der Menschen
In Gemächern mit Wandbehängen und Kristallböden,
In geschützter Stadt oder auf Gartenpromenaden,
Sogar in der Ferne näher als ihre Gedanken,
Körper dicht an Körper, Seele dicht an Seele,
Sich bewegend wie durch einen gemeinsamen Atem und Willen
In dem einzigen Kreisen ihrer Tage
Durch die unsichtbare Atmosphäre der Liebe miteinander verknüpft,
Untrennbar wie die Erde und der Himmel.
So beschritt sie eine Weile den Goldnen Pfad;
Dies war die Sonne vor abgrundtiefer Nacht.
Als sie einmal in tiefem glückseligem Sinnen saß,
Noch bebend von der starken Umarmung ihres Geliebten,
Und ihre Freude zur Brücke zwischen Erde und Himmel machte,
Gähnte plötzlich ein Schlund unter ihrem Herzen.
Ein gewaltiges und namenloses Entsetzen zerrte an ihren Nerven
Wie ein wildes Tier seine halbgerissene Beute zerrt;
Es schien keine Höhle zu haben, aus der es entsprang:
Es war nicht ihres, hielt aber seine unsichtbare Ursache verborgen.
Dann schoss seine gewaltige und furchterregende Quelle hervor.
Ein gestaltlos Grauen mit formlos endlosen Schwingen,
Füllend das Weltall mit seinem gefährlichen Atem,
Eine dichtere Finsternis als die Nacht ertragen konnte,
Verhüllte die Himmel und nahm die Erde in Besitz.
Es kam als rollende Sturzwelle schweigenden Todes
Gebraust um des bebenden Erdballs fernen Rand;
Den Himmel in den Schatten stellend mit seinem gewaltigen Schritt
Wollte es die erstickte und angstvolle Luft austilgen
Und die Fabel von der Freude am Leben beenden.
Das schien ihr eigenes Sein zu verbieten,
Alles zerstörend, wovon ihre Natur lebte,
Und trachtete Körper und Seele von ihr auszulöschen,
Ein Klammergriff von einem halbgesehenen Unsichtbaren,
Ein Ozean des Schreckens und der unumschränkten Macht,
Eine Person und eine schwarze Unendlichkeit.
Es schien ihr entgegen zu brüllen ohne Gedanken oder Worte
Die Botschaft seiner düsteren Ewigkeit
Und den furchtbaren Sinn seiner Schweigsamkeiten:
Aus irgend finster monströsen Weite heraufgestiegen,
Aus einer bodenlosen Tiefe von Leid und Angst,
Sich vorgestellt von einem blinden gleichgültigen Selbst,
Einem Bewusstsein des Seins ohne seine Freude,
Leer an Denken, unfähig zu Seligkeit,
Das Leben öde wähnte und nirgends eine Seele fand,
Übermittelte eine Stimme der stummen Angst des Herzens
Ein nacktes Gefühl von unausgesprochenen Worten;
In ihren eigenen Tiefen hörte sie den ungesagten Gedanken,
Der die Welt und alles, was Leben bedeutete, unwirklich machte.
„Wer bist du, der du deine Krone forderst für gesonderte Geburt,
Die Illusion deiner Seele Wirklichkeit
Und persönlichem Gott auf einem unwissenden Erdball
In dem tierischen Körper eines unvollkommenen Menschen?
Hoffe nicht glücklich zu sein in einer Welt voller Schmerz
Und träume nicht, lauschend auf das ungesprochene Wort
Und geblendet von dem unbeschreiblichen Strahl,
Der das Reich des stummen Überbewussten übersteigt,
Dem Unkennbaren einen Körper zu verschaffen,
Oder für eine Gutheißung zu deines Herzens Wonne
Dem schweigend stillen Erhabenen Seligkeit aufzubürden,
Entehrend seine blanke und gestaltlose Heiligkeit,
Oder das Göttliche in dein Gemach zu rufen
Und bei Gott zu sitzen und eine menschliche Freude zu kosten.
Ich habe alles erschaffen, alles verschlinge ich;
Ich bin der Tod und die dunkle schreckliche Mutter des Lebens,
Ich bin Kali, schwarz und nackt in der Welt,
Ich bin Maya und das Universum ist mein Trug.
Ich verwüste menschliches Glück mit meinem Atem
Und erschlage den Lebenswillen, die Daseinsfreude,
Auf dass alles zurückkehre in das Nichts
Und nur das Ewige und Absolute verbleibt.
Denn wahr sein kann nur das blanke Ewige.
Alles andere ist Schatten und Blitz im hellen Spiegel des Mentals,
Mental, hohler Spiegel, worin das Unwissen sieht
Ein herrlich Bild seines eigenen falschen Selbstes
Und träumt, es sehe eine glorreiche feste Welt.
O Seele, Erfinderin der Gedanken und Hoffnungen des Menschen,
Du selbst eine Erfindung des Stroms des Augenblicks,
Der Illusion Kern oder subtiler Scheitelpunkt,
Erkenn endlich dich selbst, lass ab vom eitlen Dasein.“
Ein Schatten des verneinenden Absoluten,
So zog das unduldsame Dunkel wogend vorbei,
Verebbte die gewaltige Stimme in ihr.
Das ließ ihre innere Welt verwüstet zurück:
Ein ödes Schweigen lastete auf ihrem Herzen,
Ihr Königreich der Wonne war nicht mehr da;
Nur ihre Seele blieb, deren leere Bühne,
Und wartete auf den unbekannten ewigen Willen.
Dann kam von den Höhen eine mächtigere Stimme herab,
Das Wort, das das Herz berührt und die Seele findet,
Die Stimme des Lichts nach der Stimme der Nacht:
Der Schrei des Abgrunds zog des Himmels Antwort herbei,
Eine Macht des Sturms verjagt von der Macht der Sonne.
„O Seele, entblöße dein Königreich nicht vor dem Feinde;
Dein Königtum der Glückseligkeit zu verbergen willige ein
Dass Zeit und Schicksal nicht Zugang dort finden
Und an deine Tore mit Donnerschlag pochen.
Verbirg, solange du kannst, den Schatz deines gesonderten Selbstes
Hinter dem leuchtenden Schutzwall deiner Tiefen
Bis es Teil eines gewaltigeren Imperiums wird.
Doch nicht für sich selbst nur wird das Selbst gewonnen:
Gib dich nicht zufrieden mit einem eroberten Reich;
Wage alles, um die ganze Welt dein zu machen,
Um in größere Königreiche einzubrechen, darauf richte deine Kraft.
Befürchte nicht ein Nichts zu sein, auf dass du alles seist;
Willige ein in die Leerheit des Höchsten,
Dass alles in dir sein Absolutes erreicht.
Akzeptiere es, klein und menschlich auf der Erde zu sein,
Unterbrechend deine neugeborene Göttlichkeit,
Damit der Mensch sein ganzes Selbst in Gott finden möge.
Wenn du nur um deinetwillen gekommen wärst
Ein unsterblicher Geist in die Welt des Sterblichen hinein,
Um dein strahlendes Königreich in Gottes Dunkel zu begründen,
Im Reiche des Nichtbewussten ein leuchtender Stern,
Ein Tor in der Unwissenheit, zum Licht hin geöffnet,
Warum hättest du dann überhaupt kommen sollen?
Du bist herabgekommen in eine kämpfende Welt,
Um einer blinden und leidenden sterblichen Art beizustehen,
Um die Augen, die noch nicht sehen, dem Licht zu öffnen,
Um Glückseligkeit in das Herz des Kummers zu bringen,
Um dein Leben zur Brücke zwischen Erde und Himmel zu machen;
Wenn du das sich plagende Universum erretten willst,
Musst du das universale Leiden als deines empfinden:
Du musst den Schmerz ertragen, den zu heilen du trachtest;
Der Tagbringer muss wandeln in der dunkelsten Nacht.
Wer die Welt retten will, muss ihren Schmerz teilen.
Kennt er Leid nicht, wie soll er des Leidens Heilung finden?
Wandelt er weit über dem Haupt der Sterblichkeit einher,
Wie soll der Sterbliche den allzu hohen Pfad erreichen?
Wenn sie sehen, wie einer der ihren die Gipfel des Himmels erklimmt,
Können Menschen hoffen, diesen titanischen Aufstieg zu erlernen.
Gott muss auf Erden geboren werden und sein wie der Mensch,
Damit der Mensch als Mensch auch werde wie Gott.
Wer die Welt retten will, muss eins sein mit der Welt,
Muss alles, was leidet, im Raume seines Herzens bergen
Und den Kummer und die Freude von allem Lebendigen tragen.
Seine Seele muss weiter sein als das Universum
Und Ewigkeit fühlen als ihren eigenen Stoff,
Von sich weisend des Augenblicks Persönlichkeit,
Sich älter wissen als die Geburt der Zeit,
Die Schöpfung ein Ereignis in ihrem Bewusstsein,
Arkturus und Belphegor als Feuerkörner,
Die in einer Ecke ihres grenzenlosen Selbstes kreisen,
Der Welt Vernichtung als kleinen flüchtigen Sturm
In der stillen Unendlichkeit, die sie geworden ist.
Wenn du ein wenig die weitläufige Kette lösen würdest,
Zurücktrittst von der Welt, die von der Idee geschaffen ward,
Deines Mentals Wahl aus dem Unendlichen,
Deiner Sinne Glosse zu des Urkleinen Tanz,
Dann wirst du wissen, woher die große Knechtschaft kam.
Verbanne aus dir alles Denken und sei Gottes Leere.
Dann wirst du das Unkennbare enthüllen
Und das Überbewusste bewusst werden auf deinen Höhen;
Des Unendlichen Schau wird dringen durch deinen Blick;
Du wirst in die Augen des Unbekannten blicken,
Die verborgene Wahrheit finden im falsch und nichtig Gesehenen,
Hinter Bekanntem des Mysteriums Hintergrund entdecken.
Du wirst eins sein mit Gottes nackter Wirklichkeit
Und der wunderreichen Welt, zu der er wurde,
Und dem noch göttlicheren Wunder, das noch kommen wird
Wenn Natur, die jetzt noch unbewusst Gott ist,
Durchscheinend wird für das Licht des Ewigen,
Ihr Sehen seine Sicht, ihr Schreiten seine Schritte der Macht,
Und Leben durchdrungen ist von einer spirituellen Freude
Und Materie die willige Braut des Geistes ist.
Akzeptiere, nichts und niemand zu sein, das Werk der Zeit löse auf,
Lege ab dein Mental, stehe ab von Name und Form.
Annulliere dich selbst, damit einzig Gott sei.“
So sprach die mächtige und erhebende Stimme,
Und Savitri lauschte; sie neigte ihr Haupt und sinnierte,
Tauchend ihren tiefen Blick in sich selbst,
Im Alleinsein ihrer Seele in der schweigenden Nacht.
Abseits und zurückstehend, losgelöst und ruhig,
Eine Zeugin des Schauspieles ihrer selbst,
Eine Beobachterin ihrer eigenen inneren Bühne,
Sah sie die Passion und Mühsal des Lebens
Und hörte in den geschäftigen Durchgangsstraßen des Mentals
Das unaufhörliche Hin und Her ihrer Gedanken.
Alles ließ sie aufsteigen, was sich rühren wollte;
Nichts rufend, erzwingend, nichts verbietend,
Überließ sie alles dem in Zeit geformten Prozess
Und dem freien Anstoß des Willens der Natur.
So folgend dem verwickelten Menschenspiel,
Hörte sie die Stimme des Souffleurs hinter den Szenen,
Gewahrte den Originaltext des Librettos
Und das Orgelthema der komponierenden Kraft.
Sie erblickte alles, was aus den Tiefen des Menschen stieg,
Die Tierinstinkte, die zwischen den Bäumen des Lebens pirschen,
Die Triebe, die dem Herzen zuflüstern,
Und die Donnerjagd der Leidenschaft, die durch die Nerven saust;
Sie sah die Mächte, die da starren aus dem Schlund,
Und das wortlose Licht, das die Seele befreit.
Doch vor allem ging ihr Blick der Geburt des Denkens nach.
Befreit vom Blick des oberflächlichen Mentals,
Befasste sie sich nicht mit der Begutachtung der amtlichen Sache,
Der Ausgabe von Formularen aus dem Büro des Gehirns,
Seine Fabrik der Gedankenlaute und lautlosen Wörter
Und im Innern verwahrte Stimmen, ungehört von den Menschen,
Seine Prägeanstalt und Schatzkammer blinkender Münze.
Doch waren dies nur Spielmarken im Symbolspiel des Mentals,
Die Platten eines Grammophons, der Film einer Reproduktion,
Eine Liste von Zeichen, eine Chiffre und ein Code.
In unserem ungesehenen subtilen Körper entsteht das Denken
Oder es tritt dort ein aus dem kosmischen Feld.
Oft trat aus ihrer Seele ein Gedanke nackt hervor,
Leuchtend mit geheimnisvollen Lippen und wundervollen Augen;
Oder ein glühendes Gesicht tauchte aus ihrem Herzen auf
Und suchte nach Leben und Liebe und inbrünstiger Wahrheit,
Strebte zum Himmel oder umarmte die Welt
Oder führte die Fantasie wie einen dahinziehenden Mond
Durch den trüben Himmel gewöhnlicher Menschentage,
Gab inmitten zweifelhafter Gewissheiten der Überlieferungen der Erde
Der himmlischen Schönheit des Glaubens Gestalt,
Als lachte über Blumendrucke in einem schäbigen Raum
Eine lebendige Rose in einer goldnen Vase.
Ein Thaumaturg saß in der Tiefe ihres Herzens,
Zwang den Schritt vorwärts, den Blick aufwärts,
Bis Wunderbares in die erleuchtete Brust sprang
Und Leben herrlich ward durch verklärende Hoffnung.
Ein sehender Wille sinnierte zwischen den Augenbrauen;
Gedanken, gleißende Engel, standen hinter dem Gehirn
In blitzender Rüstung, die Hände zum Gebet gefaltet,
Und gossen des Himmels Strahlen in die irdische Form.
Aus ihrer Brust flammten Imaginationen auf,
Unirdisch Schönes, Berührungen von überwältigender Freude
Und Pläne von Wunder, Träume von Wonne:
Dicht um ihren Nabellotus geschart,
Da verströmten ihre starken Empfindungen strotzender Welten
Ihre stummen Regungen der ungeformten Idee;
Zur kleinen empfindsamen Blüte der Kehle drängend,
Brachten sie ihre lautlosen ungeäußerten Resonanzen,
Um die Wendungen einer himmlischen Rede zu entfachen.
Darunter, dort formten Begierden ihren wortlosen Wunsch,
Und Sehnsüchte körperlicher Süße und Ekstase
Übertrugen in den Akzent von einem Ruf
Ihre Macht über Dinge und ihre Gewalt über Seelen.
Aus ihren bewussten Gliedern stiegen die Gedanken des Körpers
Und trugen ihre Sehnsüchte zu seiner mystischen Krone hin,
Wo das Raunen der Natur auf das Unsagbare trifft.
Doch für den Sterblichen, eingesperrt im äußeren Mental,
Müssen alle an seinem Tore ihre Pässe zeigen;
Als Tarnung müssen sie amtliche Mütze und Maske aufsetzen
Oder sich als Erzeugnisse des Gehirns ausgeben,
Unbekannt ihre geheime Wahrheit und verborgene Quelle.
Nur zum inneren Mental sprechen sie direkt,
Legen einen Körper an und nehmen eine Stimme an,
Ihr Durchgang gesehen, ihr Bericht gehört und erkannt,
Ihr Geburtsort und ihr Geburtsmal geoffenbart,
Kundgetan dem Blick eines Unsterblichen,
Die Boten unserer Natur an die Zeugenseele.
Undurchdringlich, dem sterblichen Sinn vorenthalten,
Zeigten die inneren Gemächer des Hauses des Geistes
Ihr deren Geschehnisse und deren Gäste;
Augen blickten durch Spalten in der unsichtbaren Wand,
Und durch die Heimlichkeit ungesehener Pforten
Kamen in den kleinen vorderen Raum des Mentals
Gedanken, die unsere begrenzte menschliche Reichweite vergrößerten,
Hielten die halb-erstickte oder schwindende Fackel des Ideals hoch
Oder spähten durch das Endliche auf das Unendliche.
Ein Sehen öffnete sich auf das Unsichtbare
Und nahm die Formen wahr, die sterbliche Augen nicht sehen,
Die Töne, die sterbliches Lauschen nicht hören kann,
Die wonnevolle Süße der Berührung des Untastbaren;
Die Objekte, die für uns nur leere Luft sind,
Sind dort der Stoff alltäglicher Erfahrung
Und die übliche Kost von Sinn und Denken.
Die Wesen der feinstofflichen Reiche erschienen
Und Schauplätze, die sich hinter unserer irdischen Szenerie verbergen;
Sie sah das Leben entlegener Kontinente
Und Distanz machte nicht für ferne Stimmen taub;
Sie fühlte die Regungen, die unbekannte Gemüter durchqueren;
Ereignisse der Vergangenheit spielten sich vor ihren Augen ab.
Die Gedanken der großen Welt waren Teil ihres eigenen Denkens,
Die Gefühle, auf ewig stumm und ungeteilt,
Die Ideen, die nie einen Ausdruck fanden.
Die zusammenhangslosen Winke des unklaren Unterbewussten
Legten einen verzerrten Sinn frei, tief und seltsam,
Das bizarre Geheimnis ihrer täppischen Sprache,
Ihre Verknüpfungen mit der zugrunde liegenden Wirklichkeit.
Das Ungesehene wurde sichtbar und hörbar:
Gedanken sprangen nieder aus einem überbewussten Feld
Wie Adler, die von einem unsichtbaren Gipfel herniederstoßen,
Gedanken glänzten aus den abgeschirmten unterschwelligen Tiefen
Wie goldne Fische in einem verborgenen Meer.
Diese Welt ist eine weite ungebrochene Ganzheit,
Eine tiefe Verbundenheit vereint ihre widerstreitenden Mächte;
Gottes Gipfel blicken zurück auf den stummen Abgrund.
So führt der Mensch, sich entwickelnd zu göttlichsten Höhen,
Noch immer Zwiegespräch mit dem Tier und dem Djinn;
Mit Sternguckeraugen wohnt die menschliche Gottheit
Noch immer mit dem Urtier in einem Haus.
Das Hohe trifft das Niedere, alles folgt einem einzigen Plan.
So erblickte sie die vielen Geburten des Denkens,
Wenn Geburten von dem sein können, was ewig ist;
Denn die Mächte des Ewigen sind gleich ihm selbst,
Zeitlos in dem Zeitlosen, in Zeit auf ewig geboren.
Auch dies sah sie, dass alles im äußeren Mental
Gemacht und nicht geboren wird, ein vergängliches Produkt,
Durch Erdkraft geschmiedet in des Körpers Fabrik.
Dieses Mental ist eine dynamische kleine Maschine,
Die bis zu ihrer Abnutzung unablässig produziert,
Mit Rohstoff, bezogen von der Außenwelt,
Die Muster entworfen von einem Künstlergott.
Oft sind unsere Gedanken kosmische Fertigware,
Eingelassen durch ein stilles Amtstor
Und durch des Unterbewussten Gänge geschleust,
Verkauft dann als selbstgemacht auf dem Markt der Zeit.
Denn nun tragen sie den Stempel einer lebenden Person;
Ein Kniff, eine spezielle Färbung kennzeichnet sie als eigene.
All das andere ist das Machwerk der Natur, und auch dies ist ihres.
Unsere Aufgaben sind vorgegeben, wir sind nur Instrumente;
Nichts, was wir erschaffen, gehört uns ganz:
Die Macht, die in uns wirkt, ist nicht unsere Kraft.
Auch der Genius schöpft aus einer hohen Quelle,
Verborgen ist in einer überirdischen Heimlichkeit
Das Werk, das ihm einen unsterblichen Namen verleiht.
Das Wort, die Form, der Liebreiz, die Herrlichkeit und Anmut
Sind ausgesandte Funken von einem gewaltigen Feuer;
Ein Muster aus Gottes Laboratorium,
Für welches er das Patent auf Erden besitzt,
Kommt zu ihm, in goldnen Hüllen verpackt;
Er lauscht auf das Postbotenklopfen der Inspiration
Und nimmt die unschätzbare Gabe in Empfang,
Ein wenig beschädigt vom Adressat Mental
Oder vermischt mit den Erzeugnissen seines Gehirns;
Am göttlichsten ist es, wenn es am wenigsten entstellt ist.
Obwohl sein Ego die Welt für sich beansprucht,
Ist für das kosmische Werk der Mensch ein Dynamo;
Das meiste tut Natur in ihm, Gott den hohen Rest:
Nur die Einwilligung seiner Seele ist sein eigen.
Dieser Unabhängige, einst eine höchste Macht,
Selbstgeboren bevor das Universum geschaffen ward,
Annehmend Kosmos, verdingt sich selbst als Knecht der Natur
Bis er ihr Befreiter wird – oder Gottes Sklave.
So sieht es an unserer sterblichen Oberfläche aus;
Dahinter liegt die größere Wahrheit unseres Seins:
Unser Bewusstsein ist kosmisch und unermesslich,
Doch nur wenn wir durch den Wall der Materie brechen
Können wir in jener spirituellen Weite stehen,
Wo wir als Meister unserer Welt leben können
Und Mental nur ein Mittel ist und Körper ein Werkzeug.
Denn oberhalb der Geburt von Körper und Denken
Lebt unseres Geistes Wahrheit im nackten Selbst
Und überblickt von jener Höhe aus, ungebunden, die Welt.
Dem mentalen Geist entstieg sie, um seinem Gesetz zu entgehen,
Damit er in irgend tiefem Schatten des Selbstes schlafen
Oder in dem Schweigen des Ungesehenen verstummen mag.
Hoch gelangte sie und ward frei von Natur
Und sah das Leben der Schöpfung von weit oben her
Ihren souveränen Willen legte von dort aus auf alles sie,
Um ihn der zeitlosen Ruhe Gottes zu weihen:
Dann ward im Raum ihres Wesens alles still,
Nur manchmal stiegen kleine Gedanken auf und sanken wieder
Wie ruhige Wellen auf einem stillen Meer
Oder Kräuseln, das über einen einsamen Teich ausläuft,
Wenn in seiner träumenden Ruhe ein verirrter Stein ihn stört.
Doch die Fabrik des mentalen Geistes hatte zu arbeiten aufgehört,
Es gab keinen Laut mehr vom Pochen des Dynamos,
Kein Ruf kam mehr von den stillen Feldern des Lebens.
Doch hörten auch jene Regungen in ihr schließlich auf;
Ihr Mental glich jetzt einem weiten leeren Raum
Oder einer friedvollen Landschaft ohne einen Laut.
Dies nennen Menschen Ruhe und preisen es als Frieden.
Doch für ihr tieferes Sehen war alles noch da,
Brodelnd wie ein Chaos unter einem Verschluss;
Gefühle und Gedanken schrien nach Wort und Tat,
Fanden aber keine Antwort im zum Schweigen gebrachten Gehirn:
Unterdrückt war alles, doch ausgelöscht war nichts;
Explodieren konnte es in jedem Augenblick.
Dann kam auch dies zum Erliegen; wie ein Stein war der Körper.
Alles war jetzt eine weite mächtige Leere,
Doch ausgeschlossen noch von der Stille der Ewigkeit;
Denn fern war noch die Ruh‘ des Absolutums
Und das Ozeanschweigen der Unendlichkeit.
Auch jetzt kreuzte so mancher Gedanke ihre Einsamkeit;
Diese wallten nicht von den Tiefen oder dem Innern,
Aus Formlosem aufgeworfen, um eine Form zu suchen,
Äußerten nicht des Körpers Bedürfnis noch des Lebens Ruf.
Diese schienen in menschlicher Zeit weder geboren noch gemacht:
Kinder von kosmischer Natur aus einer fernen Welt,
Gestalten der Idee in voller Rüstung des Wortes,
Entsandt wie Reisende in einem fremden Raum.
Aus einer entlegenen Weite schienen sie hergelangt
Auf gewaltigen Schwingen, wie große weiße Segel,
Und fanden mit Leichtigkeit das innere Ohr,
Als ob sie ein natürliches Vorrecht hätten,
Die hohen königlichen Eingänge der Seele zu betreten.
Noch lag ihr Pfad tief verborgen im Licht.
Ausblickend dann, woher die Eindringlinge kamen,
Sah sie eine spirituelle Unermesslichkeit
Den Weltraum durchdringen und umfassen
Wie Äther unsere klare fühlbare Luft,
Und durch sie ruhig einen Gedanken segeln.
Wie ein Schiff sacht dahingleitet und sich seinem Hafen nähert,
Das von Embargo und Blockade nicht weiß,
Im Vertrauen auf die Einfahrt und das Siegel des Passierscheines,
Erreichte er die stille Stadt des Gehirns
Zu seinem gewohnten und erwarteten Kai,
Traf aber auf einen sperrenden Willen, dem Schlag einer Kraft,
Und ging verschwindend im Unermesslichen unter.
Nach einer langen leeren Pause erschien ein anderer,
Und weitere, einer nach dem anderen, tauchten plötzlich auf,
Des Mentals unverhoffte Besuche von dem Ungesehenen,
Gleich fernen Segeln auf einem einsamen Meer.
Doch bald blieb dieser Verkehr aus, Mentals Küste lief keiner mehr an.
Dann wurde alles still, nichts regte sich mehr:
Unbewegt, selbstversunken, zeitlos, einsam
Durchdrang ein schweigender Geist schweigenden Raum.
In jener absoluten Stille, kahl und gewaltig,
Ward flüchtig ein allverneinend Erhabenes Leer erblickt,
Das einforderte seines mystischen Nihil souveränes Recht,
Aufzuheben Natur und die Seele zu leugnen.
Sogar der nackte Selbstsinn ward blass und dünn:
Unpersönlich, zeichenlos, eigenschaftslos, leer von Formen
Hatte ein blankes reines Bewusstsein das Mental ersetzt.
Ihr Geist schien die Substanz eines Namens zu sein,
Die Welt ein bildhaft dargestelltes Symbol, gezeichnet auf das Selbst,
Ein Traum von Bildern, ein Traum von Klängen
Erbaute den Anschein eines Universums
Oder verlieh dem Geist die Erscheinung einer Welt.
Dies war Selbstschau; in jenem unduldsamen Schweigen
Konnte kein Begriff und kein Konzept Gestalt annehmen,
Da war kein Sinn, um die Form der Dinge zu umreißen,
Eine reine Selbstbetrachtung war da, kein Gedanke tauchte auf.
Emotion schlief tief unten im stillen Herzen
Oder lag begraben auf einem Friedhof des Friedens:
Alle Gefühle schienen still zu sein, beruhigt oder tot,
Als könnten die zerrissenen Saiten des Herzens nicht mehr klingen
Und Freude und Kummer könnten nie mehr auferstehen.
Mit einem unbewussten Rhythmus schlug weiter das Herz,
Doch kam weder Antwort noch Ruf von ihm.
Vergeblich war die Provokation der Ereignisse;
Nichts im Innern sprach auf eine Berührung von außen an,
Kein Nerv ward erregt und keine Reaktion zeigte sich.
Und doch sah und bewegte sich ihr Körper und sprach;
Er verstand ohne die Hilfe des Denkens,
Er sagte alles, was zu sagen nötig war,
Er tat alles, was zu tun notwendig war.
Es gab keine Person, die hinter der Handlung stand,
Kein mentaler Geist, der wählte oder das passende Wort eingab:
Alles funktionierte wie eine unfehlbar geschickte Maschine.
Als setzte er alt gewohnte Abläufe fort,
Angetrieben von einer alten unerschöpflichen Kraft,
Vollzog der Motor das Werk, für das er geschaffen war:
Ihr Bewusstsein schaute zu und nahm nicht teil;
Es stützte alles, beteiligt war es nirgendwo.
Es gab keinen starken Initiatorwillen;
Ein Zusammenhangloses, durchquerend eine feste Leere,
Schlüpfte in eine Ordnung von zusammenhängendem Zufall.
Eine reine Wahrnehmung war die einzige Macht,
Die hinter ihrem Tun und ihrem Sehen stand.
Würde diese sich zurückziehen, vergingen alle Dinge,
Ihr eigenes Universum würde aufhören zu sein,
Das Haus, das sie erbaute aus Steinen von Denken und Sinn
In jenem Anbeginn nach der Geburt von Raum.
Dies Schauen war identisch mit dem Geschauten;
Es wusste ohne Wissen alles zu Wissende,
Es sah unbefangen die Welt vorübergehen,
Doch mit demselben gleichgültig unbewegten Blick
Sah es auch die abgrundtiefe Unwirklichkeit.
Es betrachtete die Figur des kosmischen Spiels,
Doch schien Denken und inneres Leben in Formen tot zu sein,
Ausgelöscht durch den Zerfall ihres eigenen Denkens:
Ein hohles körperliches Gehäuse bestand noch weiter fort.
Alles schien ein glänzender Schatten seiner selbst,
Ein kosmischer Film von Szenen und Bildern:
Die beharrende Masse und Kontur der Hügel
War eine Zeichnung, skizziert auf ein stilles Mental
Und gehalten in zitternd falscher Festigkeit
Durch ständiges Pulsieren visionären Sehens.
Der Wald mit seiner smaragdgrünen Vielfalt
Kleidete mit seiner Farbenpracht vagen leeren Raum,
Farben eines Gemäldes, verbergend ein nichtig Äußeres,
Das flackerte am Rande der Auflösung;
Die blauen Himmel, eine Täuschung der Augen,
Überdachten des Mentals Illusion von einer Welt.
Die Menschen, die unter einem unwirklichen Himmel wandelten,
Schienen bewegliche Puppen zu sein, aus Pappe gestanzt,
Und von unsichtbaren Händen über den Boden geschoben
Oder bewegte Bilder auf dem Film der Fantasie:
Da gab es keine Seele im Innern, keine Kraft des Lebens.
Des Gehirns Schwingungen, die wie Gedanken erscheinen,
Des Nervs flüchtige Antwort auf jeglichen Kontaktes Anklopfen,
Des Herzens Erbeben, gefühlt als Freude, Kummer und Liebe,
Waren Zuckungen des Körpers, deren scheinbares Selbst,
Dieser Körper, geschmiedet aus Atomen und aus Gas,
Eine fabrizierte Lüge aus der Mache der Maya,
Sein Leben ein Traum, gesehen von der schlafenden Leere.
Die Tiere, allein oder in Rudeln durch Lichtungen streifend,
Flohen wie eine flüchtige Vision von Schönheit und Anmut,
Von einem allerschaffenden Auge sich ausgemalt.
Doch gab es etwas hinter der verblassenden Szene;
Wohin sie sich wandte, wohin sie auch sah,
War es wahrnehmbar, doch versteckt vor Mental und Sicht.
Das Eine einzig Wirkliche schloss vom Raum sich aus
Und weilte fern von der Idee der Zeit.
Seine Wahrheit entzog sich von Form und Linie und Farbe.
Alles andere ward substanzlos, selbstvernichtet,
Nur dies allein schien immerwährend und wahr,
Doch wohnte nirgends, es war außerhalb der Stunden.
Nur dies konnte die Mühe des Sehens rechtfertigen,
Doch konnte Sehen dem keine Form verleihen;
Dies allein konnte das unzufriedene Ohr besänftigen,
Doch lauschte Gehör vergebens nach einem fehlenden Laut;
Dies antwortete nicht dem Sinn, rief nicht dem Mental.
Es traf sie als die unerfasst unhörbare Stimme,
Die immerfort aus dem Unkennbaren spricht.
Es traf sie wie ein allgegenwärtiger Punkt,
Frei von Maßen, unfixiert, unsichtbar,
Der mit seinem vervielfachten Pochen einziger Einzigartigkeit
Seine alleinige Ewigkeit betont.
Es stand ihr gegenüber als Unermesslichkeit eines gewaltigen Nichts,
Ein endloses Nein zu allem, was zu sein scheint,
Ein endloses Ja zu niemals Empfangenem
Und zu allem, was unersonnen und unerdacht ist,
Eine ewige Null oder ein nie gewordenes Irgendwas,
Ein raumloses und ein ortloses Unendliches.
Doch Ewigkeit und Unendlichkeit schienen bloß Worte,
Vergeblich angeheftet von Mentals Untauglichkeit
Dessen gewaltiger einsamen Wirklichkeit.
Die Welt ist nur ein Funkensprühen von seinem Licht,
Alle Augenblicke Blitze von seiner Zeitlosigkeit,
Alle Objekte Glanzlichter von dem Körperlosen,
Die aus dem Mental verschwinden, wenn Das gesehen wird.
Es hielt, als sei es ein Schild vor seinem Gesicht,
Ein Bewusstsein, das ohne einen Sehenden sah,
Die Wahrheit, wo weder Wissen noch Wissender noch Gewusstes ist,
Die Liebe, verliebt in ihre eigene Wonne,
In der weder der Liebende noch die Geliebte ist
Und ihre persönliche Leidenschaft in die Weite bringen,
Die Kraft, allmächtig in der Ruhe,
Die Seligkeit, die zu kosten nie jemand erhoffen kann.
Es hob den überzeugenden Betrug des Selbstes auf,
Eine Wahrheit im Nichtsein war sein mächtiger Schlüssel.
Wenn alles Dasein verzichten könnte zu sein
Und Sein in des Nichtseins Armen Zuflucht nähme
Und Nichtsein seine verschlüsselte Runde streichen könnte,
Erschiene vielleicht ein Glanz jener Wirklichkeit.
Eine formlose Befreiung kam über sie.
Einst in Fleisch und Gehirn lebendig begraben
Hatte sie sich von Körper, Mental und Leben erhoben;
Sie war nun nicht mehr eine Person in einer Welt,
Entflohen war sie in die Unendlichkeit.
Was einst sie selbst gewesen war, das war verschwunden;
Es gab kein Gefüge von Dingen, keine Form der Seele.
Ein Flüchtling aus dem Herrschaftsgebiet der Sinne,
Der Notwendigkeit des Denkens sich entziehend,
Entbunden von Wissen und von Unwissenheit
Und befreit von dem Wahren und dem Unwahren,
Teilte sie des Überbewussten hohe Zuflucht
Jenseits des selbstgeborenen Wortes, der nackten Idee,
Den ersten nackten festen Grund des Bewusstseins;
Wesen gab es dort keine, für Dasein war kein Platz,
Es gab keine Verlockung zur Freude am Sein.
Unsagbar ausgelöscht, ein Niemand und Nichts,
Ein schwindendes Überbleibsel wie eine violette Spur,
Eine schwache Aufzeichnung nur von einem vergangenen Selbst,
So war sie im Unkennbaren ein Punkt.
Nur eine letzte Annullierung blieb,
Der Vernichtung vager unbestimmbarer Schritt:
Eine Erinnerung an das Sein war noch da
Und hielt sie abgesondert vom Nichtvorhandensein:
Sie war in Dem, aber wurde dennoch nicht Das.
Dieser Schatten ihrer selbst, so nah am Nichts,
Könnte wieder zum Stützpunkt des Selbstes für das Leben werden,
Zurückkehren aus dem Unbegreiflichen
Und das sein, was eine geheimnisvolle Weite bestimmen mag.
So wie das Unkennbare entschiede dann,
Könnte sie ein Nichts sein oder neuwerden zum All,
Oder wenn das allmächtige Nihil eine Gestalt annähme
Als Jemand hervorgehen und die Welt erlösen.
So könnte sie auch erfahren, was die mystische Ziffer enthält,
Dieser scheinbare Ausgang oder das verschlossene Ende von allem
Könnte ein unsichtbar düsterer Durchgang sein, dem Blick entzogen,
Ihr Zustand die Sonne bei Sonnenfinsternis
Auf ihrem geheimen Weg in das Unsagbare.
So könnte selbst jetzt noch ihr herrlich Wesen zurückflammen
Aus dem Schweigen und der Nichtigkeit,
Ein strahlender Teil des Allwundervollen,
Eine Macht von irgend allbejahendem Absoluten,
Als leuchtender Spiegel der ewigen Wahrheit,
Der dem Einen-in-allem sein offenbares Angesicht zeigt,
Den Seelen der Menschen ihre tiefe Wesenseinheit.
Oder sie könnte in Gottes Stille erwachen
Jenseits des kosmischen Tages und der kosmischen Nacht
Und besänftigt in seiner weißen Ewigkeit ruhen.
Doch war dies jetzt unwirklich oder weit entfernt
Oder verdeckt in der mystischen unergründlichen Leere.
In unendlichem Nichtsein lag das letzte Zeichen
Oder aber das Wirkliche war das Unkennbare.
Ein einsam Absolutes verneinte alles:
Es tilgte aus seinem Alleinsein die unwissende Welt
Und ertränkte die Seele in seinem ewigen Frieden.
Ende des sechsten Cantos