Das Buch vom Yoga
Erster Canto
Die Freude der Vereinigung; die Qual des Vorherwissens vom Tod und dem Kummer und Leid des Herzens
Schicksalsmacht folgte ihrem vorgesehenen unabänderlichen Weg.
Des Menschen Hoffnung und Sehnsucht bauen die reisenden Räder,
Die den Körper seines Geschickes tragen
Und seinen blinden Willen hin zu einem unbekannten Ziele lenken.
Sein Schicksal in ihm prägt sein Handeln und herrscht;
Dessen Antlitz und Form sind bereits in ihm geboren,
Dessen Abkunft ruht in seiner geheimen Seele:
Hier scheint Materie das Leben des Körpers zu formen
Und die Seele folgt, wo hintreibt seine Natur.
Natur und Schicksal erzwingen die Wahl seines freien Willens.
Doch größere Wesen wissen dies Verhältnis umzukehren
Und machen die Seele zur Künstlerin ihres Geschicks.
Dies ist die mystische Wahrheit, die uns unser Unwissen verbirgt:
Verhängnis ist ein Durchgang für unsere angeborene Kraft,
Unsere Feuerprobe ist die Wahl des verborgenen Geistes,
Ananke ist der eigene Beschluss unseres Wesens.
Alles wurde erfüllt, was Savitris Herz,
Blumensüß und unnachgiebig, leidenschaftlich und ruhig,
Gewählt hatte und auf dem unbeirrbaren Weg ihrer Kraft
Den langen kosmischen Kurvenverlauf zu seinem Austrag gebracht.
Und wieder saß sie hinter lauten geschwinden Hufen;
Ein Trab von geharnischten Schwadronen und ein Laut,
Weithin gehört, von Streitwagen, trugen sie fort von ihrem Heim.
Die daliegende Erde, aus ihrer stummen Muse geweckt,
Blickte aus tiefer Schläfrigkeit auf zu ihr:
Hügel, die in hellem Dunst sich wälzen, weite Ländereien,
Die sich unter dem Sommerhimmel räkelten,
Gegend auf Gegend geräumig in der Sonne,
Städte wie Chrysolithen in der weiten Glut
Und gelbe Flüsse, löwenmähnig schreitend,
Führten hin zu der Shalwa-Gemarkungen smaragdgrüner Grenze,
Eine freudvolle Front zu ehernen Weiten
Und strengen Gipfeln und titanischen Einsamkeiten.
Und wieder war nah der holde Schicksalsort,
Der im Glück der Haine strahlende Saum,
Wo sie zum ersten Mal das Antlitz von Satyavan traf
Und er wie zu einem Traume erwachend
Eine zeitlose Schönheit und Wirklichkeit sah,
Die mondgoldne Süße von Himmels erdgeborenem Kind.
Es wich die Vergangenheit und die Zukunft nahte:
Weit zurück lagen Madras geräumige Hallen,
Die weiß geschnitzten Säulen, die kühlen dunklen Nischen,
Das farbige Mosaik der Kristallböden,
Die aufragenden Pavillons, die windgekräuselten Teiche
Und Gärten, summend vom Geflüster der Bienen,
Bald vergessen oder eine blasse Erinnerung
Des Springbrunnens Plätschern im weißen steingefassten Becken,
Des besinnlichen Mittags feierlich brütende Trance,
Des Säulenganges Traumgrau am stillen Abend,
Der langsame Aufgang des Mondes, der dahinglitt vor der Nacht.
Weit zurück blieben nun die vertrauten Gesichter,
Das glücklich zarte Plappern auf Lachens Lippen
Und der fest umfassende Griff inniger Hände
Und der Huldigung Licht in geliebten Augen,
Dargebracht der einzigen Herrscherin ihrer Leben.
Hier war ursprüngliche Einsamkeit der Natur:
Hier gab es nur den Laut von Vogel und wildem Tier, –
Des Asketen Verbannung in dem düster gesinnt riesigen
Unmenschlichen Wald, fern vom heiteren Klang
Des Menschen munteren Umgangs und seinen ausgefüllten Tagen.
An einem hellen Abend mit einem roten Wolkenauge,
Durch eine schmale Öffnung, eine grüne blühende Kluft,
Gelangten sie aus dem Starren von Himmel und Erde
In eine mächtige Heimat smaragdgrüner Dämmerung.
Vorangeführt von einem schmalen verträumten Pfad,
Der durch Schatten gewaltiger Stämme sich wand
Und unter Bögen, die mit Sonnenlicht geizten,
Erblickten sie niedrige strohgedeckte Dächer einer Einsiedelei,
Zusammengedrängt unter einem azurblauen Fleck
Auf einer sonnenhellen Lichtung, die frohem Lächeln gleich
Sich auftat im ungeheuren Herzen des Waldes,
Eine raue Zuflucht für das Denken und Wollen des Menschen,
Bewacht von den dicht gedrängten Giganten des Waldes.
In der schlichten Heimstatt angekommen, gaben sie,
Nun nicht mehr zweifelnd an ihrem seltsamen Los,
Ihr Liebstes und ihren Stolz dem großen blinden König,
Eine majestätische Säule gefallener Macht,
Und der stattlichen verhärmten Frau, einst eine Königin,
Die nun vom Leben nichts mehr für sich erhoffte,
Doch alles erhoffte nur für ihr einziges Kind,
Rufend vom parteiischen Schicksal auf dieses eine Haupt
Alles Glück der Erde, alle Seligkeit des Himmels.
Verehrend Weisheit und Schönheit wie die eines jungen Gottes
Sah sie vom Himmel ihn geliebt wie von ihr selbst,
Sie erfreute sich an seinem Glanz und glaubte an sein Schicksal
Und wusste nichts von dem nahenden Unheil.
Einige Tage am Waldrand verweilend,
Wie Menschen, die den Schmerz des Abschieds hinauszögern,
Nicht willens, sorgenvoll gehaltene Hände zu lösen,
Nicht willens, zum letzten Mal ein Antlitz zu sehen,
Bedrückt von dem Kummer eines kommenden Tages
Und staunend über die Sorglosigkeit der Schicksalsgöttin,
Die mit lässiger Hand ihre höchsten Werke zerbricht,
Schieden sie von ihr mit schmerzvoll schwerem Herzen,
Wie unausweichliches Los uns zwingt, Abschied zu nehmen
Von jemandem, den niemals wir wiedersehen;
Genötigt von der Eigenheit ihres Schicksals,
Hilflos gegen die Wahl von Savitris Herz,
Überließen sie sie ihrem Glück und ihrem Verhängnis
In der primitiven Obhut des gewaltigen Waldes.
Alles verabschiedet, was einst ihr Leben war,
Alles begrüßt, was künftig ihm und ihr gehört,
Wohnte sie in den wilden Wäldern bei Satyavan:
Unschätzbar schien ihr das Glück, so nah dem Tod;
Abgeschieden mit der Liebe lebte sie für die Liebe allein.
Als stünde sie selbst über dem Gang der Tage,
Verfolgte ihr unbewegter Geist das Eilen der Zeit,
Eine Statue aus Leidenschaft und unbesiegbarer Kraft,
Ein Absolutismus süß gebieterischen Willens,
Eine Ruhe und ein Ungestüm der Götter,
Unüberwindbar und unwandelbar.
Zuerst war ihr unter den saphirblauen Himmeln
Die Waldeinsamkeit ein prunkvoller Traum,
Ein Altar von des Sommers Herrlichkeit und Feuer,
Ein himmelbedachter blumenbehangener Palast der Götter
Und all ihre Szenen ein Lächeln auf den Lippen der Verzückung
Und all ihre Stimmen Barden des Glücks.
Da war ein Singen im beiläufigen Winde,
Da war ein Glanz im geringsten Sonnenstrahl;
Die Nacht war ein Chrysopras auf einem Samttuche,
Eine kuschelnde Dunkelheit oder eine mondhelle Tiefe;
Der Tag war ein purpurfarbenes Festspiel und ein Loblied,
Eine Woge des Lichtgelächters vom Morgen bis zum Abend.
Sein Fernsein war ein Traum der Erinnerung,
Sein Nahesein war das Königreich eines Gottes.
Ein Verschmelzen der Freuden von Erde und Himmel,
Ein bebendes Flammen hochzeitlicher Verzückung passierte,
Ein Stürmen von zwei Seelen, eins zu sein,
Ein Brennen von zwei Körpern in einer Flamme.
Geöffnet waren Pforten unvergesslicher Seligkeit:
Zwei Leben waren eingeschlossen in einem irdischen Himmel
Und jener feurigen Stunde entflohen Schicksal und Kummer.
Doch bald schon schwand des Sommers glühender Atem
Und Wolkenscharen durchkrochen blauschwarz den Himmel
Und Regen rann schluchzend über die tropfenden Blätter
Und Sturm ward zur Titanenstimme des Waldes.
Wie sie lauschte dann dem bedrohlichen Krachen des Donners
Und den flüchtig trippelnden Schritten der Regenschauer
Und dem langen unzufriedenen Keuchen des Windes
Und stöhnenden Weh in der geräuschverängstigten Nacht,
Da kam zu ihr der Kummer der ganzen Welt.
Der Nacht Dunkelheit schien ihr das unheilvolle Angesicht der Zukunft.
Der Verhängnisschatten ihres Liebsten erhob sich
Und Angst legte Hände auf ihr sterblich Herz.
Die Augenblicke rasten schnell und erbarmungslos; entsetzt
Erinnerten ihre Gedanken an Narads Frist.
Ihres Reichtums bangende Schatzmeisterin,
Zählte sie erregt den Rest der noch verbleibenden Tage:
Eine grausame Erwartung klopfte an ihre Brust;
Die Schritte der Stunden wurden ihr zur Qual:
Gram, ein inbrünstiger Fremdling, kam zu ihr ans Tor:
Verbannt war er, wenn sie in Satyavans Armen lag, am Morgen
Stieg er aus ihrem Schlaf, um ihr ins Antlitz zu blicken.
Vergebens floh sie in bodenlose Tiefen der Seligkeit
Vor der sie verfolgenden Vorausschau auf das Ende.
Je mehr sie in die Liebe tauchte, um so mehr wuchs diese Qual;
Ihr tiefster Kummer stieg aus süßesten Schlünden empor.
Erinnerung war ein stechender Schmerz, sie fühlte
Jeden Tag als goldnes Blatt, grausam herausgerissen
Aus ihrem allzu dünnen Buch von Liebe und Freude.
So schwankend in den starken Böen des Glückes
Und schwimmend in düsteren Wogen der Vorahnung
Und nährend Sorge und Schrecken mit ihrem Herzen, –
Denn nun saßen diese unter den Gästen ihres Busens
Oder schritten abseits in ihrem inneren Gemach, –
Starrten blind in die Nacht der Zukunft ihre Augen hinein.
Aus ihrem gesonderten Selbst heraus schaute sie und sah,
Sich bewegend unter den unbewussten Gesichtern, die sie liebte,
Im Mental ein Fremder und doch im Herzen so nah,
Die unwissend lachende Welt vergnügt vorüberziehen
Auf ihrem Weg in ein unbekanntes Verhängnis
Und wunderte sich über das sorglose Leben der Menschen.
Als wandelten sie in verschiedenen Welten, wenn auch nahe,
Im Vertrauen auf die stets wiederkehrende Sonne,
Eingehüllt in kleines stündliches Hoffen und Tun, –
Sie aber war allein mit ihrem fürchterlichen Wissen.
Die reiche und fröhliche Heimlichkeit, die einst
Sie umschloss wie eine silberne Laube
Abseits in einem hellen Nest von Träumen und Gedanken
Machte Platz für tragische Stunden des Alleinseins
Und einsamen Kummers, den niemand teilen oder kennen konnte,
Eines Körpers, der da sah das allzu baldige Ende der Freude
Und das zerbrechliche Glück seiner sterblichen Liebe.
Ihr ruhiges Antlitz, still und lieblich und besonnen,
Ihr anmutig täglich Handeln waren jetzt zur Maske;
Vergebens schaute sie in ihre Tiefen, um da zu finden
Einen Boden der Stille und des Geistes Frieden.
Noch war ihr das schweigende Wesen im Innern verhüllt,
Das mit unbewegten Augen des Lebens Drama vorüberziehen sieht
Und das Leid des Mentals und Herzens stützt
Und in der Brust des Menschen die Welt und das Schicksal trägt.
Ein flüchtiger Blick oder Blitze gab es, die Gegenwart blieb verborgen.
Nur ihr heftiges Herz und ihr leidenschaftlicher Wille
Trieb es vor, dem unabänderlichen Verhängnis zu begegnen;
Wehrlos, nackt, an ihr menschlich Los gebunden,
Hatten sie keine Mittel zum Handeln, keinen Weg zur Rettung.
Sie meisterte sich, nichts wurde nach außen gezeigt:
Für andere blieb sie noch das Kind, das sie kannten und liebten;
Die leidende Frau im Innern, die sahen sie nicht.
Keine Veränderung war in ihren schönen Gesten zu sehen:
Eine verehrte Herrscherin, der alle einst zu dienen wetteiferten,
Machte sich selbst zur emsigen Magd von allen,
Scheute weder die Arbeit an Besen, Krug und Brunnen,
Noch das sorglich sanfte Schüren oder Schichten des Feuers
Auf Altar und Herd, erlaubte auch keinem anderen
Ein Werk, dem ihre weibliche Kraft gewachsen war.
In all ihrem Tun strahlte seltsam Göttliches:
In eine einfachste Bewegung vermochte sie
Einheit zu bringen mit der Erde glühendem Lichtgewand,
Ein Erheben gewöhnlicher Tätigkeiten durch Liebe.
All-Liebe war ihr zu eigen und deren eine Himmelsschnur
Verknüpfte alle mit allen mit ihr als goldenem Band.
Stieß aber ihr Kummer zu dicht an die Oberfläche,
Schienen ihr diese Dinge, einst ihrer Freude holde Begleiter,
Sinnlos, eine schimmernde Schale,
Oder eine Routine nur, mechanisch und leer,
Ihres Körpers Handeln, von ihrem Willen nicht geteilt.
Doch hinter diesem seltsam gespaltenen Leben
Besaß ihr Geist wie ein Meer lebendigen Feuers
Stets den Geliebten und hing an seinem Körper,
Ein enges Umfangen, um den Bedrohten zu schützen.
Die Nacht durch sann sie schweigende Stunden lang
Über dem Schatze seiner Brust und seines Gesichtes,
Gebeugt über die schlafgebundene Schönheit seiner Stirn
Oder legte an seine Füße ihre glühende Wange.
Am Morgen erwachend, hingen ihre Lippen endlos an den seinen,
Wollten sich nie mehr trennen,
Diesen honigsüßen Quell inniger Freude niemals mehr verlieren,
Nicht willens, seinen Körper von ihrer Brust zu lösen,
Die warmen dürftigen Zeichen, die Liebe hier verwenden muss.
Nicht ertragend die Armseligkeit der Zeit,
Greifend nach den flüchtigen Stunden, wollte ihre Leidenschaft
An einem Tage den Aufwand von Jahrhunderten
An Liebesverschwendung und Ekstaseflut;
Oder sie strebte sogar in sterblicher Zeit
Einen kleinen Raum für Zeitlosigkeit zu schaffen
Durch die tiefe Vereinigung von zwei Menschenleben,
Ihre Seele eingeschlossen in seine Seele.
Nachdem alles gegeben war, begehrte sie noch;
Auch dann noch unzufrieden, wenn er sie fest umarmte,
War ihr danach zu rufen: „O zärtlicher Satyavan,
O meiner Seele Geliebter, gib mehr, gib mehr
Der Liebe solange du kannst, ihr, die du liebst.
Präge dich ein, dass jeder Nerv dich bewahrt,
Der dir meines Herzens Botschaft entgegenbebt.
Bald scheiden wir, und wer kann wissen für wie lang
Bis das große Rad in seiner ungeheuren Runde
Uns wieder zueinander und zu unserer Liebe führt?“
Zu sehr liebte sie, um schicksalsschweres Wort zu sprechen
Und ihre Last auf sein glücklich Haupt zu laden;
Sie zwang den aufwallenden Kummer in ihre Brust zurück,
Um schweigend innen zu verweilen, ohne Beistand, allein.
Doch Satyavan begriff bisweilen halbwegs,
Spürte zumindest mit der unklaren Erwiderung
Unseres denkverblendeten Herzens das ungesagte Bedürfnis,
Den unausgeloteten Abgrund ihrer tiefen leidenschaftlichen Not.
Was er den eilenden Tagen abgewann
An Arbeit im Forste beim Holz machen,
An Jagd nach Nahrung in den wilden Lichtungen des Waldes,
An Dienst am blinden Leben seines Vaters,
Das gab er ihr und half die Stunden zu erhöhen
Durch die Nähe seiner Gegenwart und seiner Umarmung
Und überreicher Sanftheit herzenswarmer Worte
Und das nahe Pochen, Herz am Herzen gespürt.
Zu wenig war alles für ihr bodenlos Bedürfnis.
Vergaß sie eine Weile in seiner Gegenwart,
So füllte Kummer seine Abwesenheit mit schmerzender Berührung;
Sie sah die Öde ihrer kommenden Tage schon
In jeder einsamen Stunde dargestellt.
Obwohl mit einer nichtigen eingebildeten Seligkeit
Von feuriger Einung durch des Todes Fluchttür
Sie träumte, ihr Leib in Scheiterflammen gehüllt,
Wusste sie, dass sie nach diesem Glück nicht greifen durfte,
Mit ihm zu sterben und ihm zu folgen, haltend sein Kleid,
Durch unsere anderen Länder, froh wandernd
In das liebliche oder schreckliche Jenseits hin.
Denn jene traurigen Eltern bräuchten sie hier
Als Beistand für den leeren Rest ihrer Tage.
Oft schien es ihr, als ob der Schmerz der Zeitalter
Sich zutiefst sammle in ihr einzig Leid,
Konzentrierend in ihr eine gemarterte Welt.
So nun im verschwiegenen Gemach ihrer Seele
Ihre Liebe mit dem heimlichen Gram einschließend,
Glich sie einer stummen Priesterin bei verborgenen Göttern,
Die unbeeindruckt von der wortlosen Darbringung ihrer Tage,
Und hob ihnen den Kummer wie Weihrauch entgegen,
Ihr eigenes Leben der Altar, sie selbst das Opfer.
Doch wuchsen sie immer mehr zusammen
Bis es schien, als könne keine Kraft sie auseinanderreißen,
Da selbst des Körpers Mauer nicht trennen konnte.
Denn wenn durch den Wald er streifte, begleitete
Ihr bewusster Geist ihn oft und wusste so
Um all sein Tun, als ob er sich in ihr bewegte;
Er, weniger bewusst, war fern von ihr durchbebt.
Beständig wuchs das Maß ihrer Leidenschaft;
Zur Nahrung mächtiger Liebe ward Gram und Angst.
Sie füllte, verstärkt von der Qual, die ganze Welt;
Sie war Savitris ganzes Leben, ward ihre ganze Erde und ihr Himmel.
Obwohl ins Leben geboren, ein Kind der Stunden,
Wandelte sie unsterblich, unbesiegbar wie die Götter:
In göttlicher Stärke streckte sich unermesslich ihr Geist,
Ein Amboss für die Schläge von Schicksal und Zeit:
Oder müde von des Kummers leidenschaftlicher Aufbietung,
Wurde das Selbst des Grams ruhig, stumpfäugig, entschlossen,
Den Austrag seines feurigen Kampfes erwartend,
Eine Tat, in der er für immer enden könnte,
Siegreich über sich selbst und über Tod und Tränen.
Das Jahr hielt nun inne am Rande eines Wandels.
Nicht brausten die Stürme mit riesigen Schwingen mehr
Und stampfte Donner voller Wut durch die Welt,
Ein Grollen aber war noch am Himmel zu hören
Und Regen tropfte müde durch die schwermütige Luft
Und Wolken hüllten die Erde ein, grau und träge.
So umschloss der schwere Himmel ihres Kummers ihr Herz.
Dahinter lag ein stilles Selbst, gab aber kein Licht:
Es kam keine Stimme aus den vergessenen Höhen herab;
Nur in der Abgeschiedenheit seines brütenden Schmerzes
Da sprach ihr menschlich Herz zum Schicksal des Körpers.
Ende des ersten Cantos